Jetzt. Es wird hell. Die Luft ist sanft und freundlich nach all dem Stürmen in der vergangenen Woche. Gestürmt hat es draußen und der Wind hat schon begonnen die Blätter von den Bäumen zu schütteln. Gestürmt hat es drinnen: in mir und in vielen Menschen, mit denen ich Kontakt hatte: Verwirrung, Krankheit, Sorge vor Krieg, Zweifel an dem eigenen Tun.
Jetzt ist der Moment der Herbst Tagundnachtgleiche gekommen. Ein winziges Innehalten im Gleichgewicht von Licht und Dunkel – Tag und Nacht sind gleich lang. Inmitten der rasanten Veränderung der Lichtverhältnisse ein Moment der Balance.
Wandlungsprozesse. Ich habe das Gefühl es geht uns wie den Bäumen: alles, was der Sommer an Grün und Bunt hervorgebracht hat, wird jetzt reif und fällt dann ab, so lange, bis zum Schluss nur noch Stamm, Äste und Zweige übrig bleiben. Es bleibt nur, was Bestand hat. Ein Prozess der Reinigung und Reduktion. Und was blieb trägt im nächsten Jahr neue Blätter und Früchte. Manches, was wir diesen Sommer gesät haben, ist noch nicht einmal gekeimt. Es braucht mehr Zeit, wird vielleicht erst im nächsten oder übernächsten Jahr erscheinen. Vieles wird sogar erst erscheinen, wenn wir nicht mehr da sind. Manches ist vielleicht nicht keimfähig – es wird sich zeigen. Mitten in diesem Wandlungssturm frage ich mich:
Was ist mit dem sprichwörlichen Auge des Orkans? Wo ist der Ruhepunkt in dieser Bewegung? Ich habe das Gefühl, das ist die wichtigste Frage der Gegenwart. Stelle ich sie mir selber oft genug? Wahrscheinlich könnte ich es noch viel intensiver tun: was ist wesentlich? Was kann ich abwerfen?
Ich selbst kann es nur in der Stille tun, nur wenn ich inne halte. Wie geht es dir damit? Vielleicht hast du Lust es mir zu schreiben.
Mein Impuls:
Was ist in dir die klarste und reinste Form, was bleibt in dir, wenn alle „Blätter“ fallen? Es braucht auch Mut, das anzuschauen. Was stärkt deinen Mut, so dass dir ansehen kannst, wer du bist, ohne alle Tünche, „ungeschminkt“?